
Warum wir das machen
„Ich glaube nicht, dass ich jemals zurück kann.“
TL;DR
Dies ist eine Übersetzung. Zum Original (English)
In einem Moment klingt Dominik, als würde er eine Tatsache aus einer seiner Vorlesungen referieren. Im nächsten werden seine Worte zu einer greifbaren Wahrheit, die er zuvor nicht angesprochen hatte. „90 Minuten lang im Hörsaal zu stehen und einfach nur Folien vorlesen.“ Er schmunzelt. „Das geht eigentlich nicht mehr. Das ist eine Einbahnstraße.“ Am anderen Ende der Leitung ist es still, wie auch bei mir. Eine nachdenkliche Stille.
Wie viele andere Professoren erstellte Dominik während der Covid-19-Pandemie Videos für seine Studierenden. Als der Präsenzunterricht an der Universität wieder anlief, entschied er sich jedoch dagegen, zu PowerPoint-Folien und Monologen vor einer Gruppe von Studierenden zurückzukehren, die selten Fragen stellten. Stattdessen stellte er die Online-Inhalte weiter bereit – und das eröffnete ihm eine Chance: die 90 Minuten Vorlesungszeit für etwas anderes zu nutzen als das bloße Vortragen von Folien.
Etwas Neues.
Es begann behutsam. Behutsam nach seinen heutigen Maßstäben, wohlgemerkt. Gleich zu Beginn gab es eine große Änderung: keine Folien mehr! Stattdessen füllte Dominik seine Vorlesungen mit Quizfragen, Kahoot-Spielen, Rätseln, Diskussionen und Fragerunden. Etwas, das er heute als Sicherheitsnetz beschreibt, wenn ihm die Ideen ausgehen – das er aber „ziemlich langweilig“ findet
„Es fehlt dieser inspirierende Charakter“, sagt er. „Es ist nichts, wo man hinterher denkt: Toll, zum Glück gibt es nächste Woche wieder so eine Vorlesung.“
Also änderte er die Dinge noch einmal.
„Der Plan für dieses Semester war, verschiedene Formate auszuprobieren und ein Gefühl dafür zu bekommen, ob es sich lohnt, mehr Zeit zu investieren. Ob es etwas ist, das wirklich Spaß macht.“
Und er hat viel ausprobiert. Sehr viel. Von einer Jeopardy-Runde über eine Weihnachtsgeschichte bis hin zu einer nichtlinearen fiktiven Geschichte über einen Tag im Leben eines IT-Sicherheitsanalysten. Er hat neu definiert, was eine Vorlesung sein kann – auf eine Art und Weise, die von außen betrachtet vielleicht extrem wirkt, im Kern aber Informationen in unterschiedlichen Kontexten vermittelt, um Studierenden neue Perspektiven zu eröffnen. Ergänzt durch eine gesunde Portion Unterhaltung
Als Professoren ist es unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sich der Besuch von Vorlesungen lohnt.
„Eigentlich müsste man gar nicht in die Vorlesung kommen. Überhaupt nicht, wenn man sich halt disziplinieren kann, die Videos anzuschauen, zu verstehen. Durchzuarbeiten, was dort vermittelt wird, und die Übungen zu machen“, sagt Dominik. Das passiert leider nicht. Es sind die Studierenden, die zu den Vorlesungen erscheinen, die wirklich vom Kurs profitieren. Daher ist Dominiks einfaches Ziel, „den Vorlesungsbesuch lohnenswert zu machen“. Indem er Unterhaltung und Information miteinander verwebt.
Aber ist es den Aufwand wert?
Ich frage ihn, was er denkt.
„Es ist wie Lachen mit Tränen in den Augen. Die Vorbereitung dauert ewig.“
Und dann war da dieses eine Feedback aus der Kursevaluation: „Ein Student sagte, es habe gewirkt, als würde die Vorlesung allein zum Vergnügen des Dozenten gehalten“.
„Darüber habe ich nachgedacht“. Dominik hält inne. „Und ich glaube nicht, dass das stimmt“.
Stille.
Ein Teil davon stimmt. Dominik würde das alles nicht machen, wenn es ihm keinen Spaß machen würde – „so unglaublich viel mehr Spaß“ – und wenn er nicht selbst etwas davon hätte. Ihm gefällt, dass „mir manchmal Dinge während der Vorlesung klarer werden. Wenn ich mich wie ein Tonbandgerät fühle, das man einfach einschaltet und nach 90 Minuten wieder ausschaltet, bringt mir das überhaupt nichts“.
Also nimmt er sich die Zeit, neue Vorlesungsformate zu entwickeln, und begibt sich in eine prüfungsähnliche Situation, indem er sich in jeder Vorlesung den Fragen der Studierenden stellt – und vielleicht nicht auf alles sofort eine Antwort weiß. Das ist anstrengend. Und riskant. Er befürchtet, dass selbst diese Vorlesungen irgendwann zur Routine werden könnten.
Wie steht es um Ihre Lehre?
Wann haben Sie sich zuletzt wirklich auf eine Vorlesung gefreut? Was machte diese Erfahrung erfüllend, und wie könnten Sie diese Energie wieder aufleben lassen? Welchen Mehrwert bieten Ihre Präsenzveranstaltungen? Wie können Sie Ihre Unterrichtszeit zu etwas Unersetzlichem machen? Warum nicht das Risiko des Scheiterns eingehen, um wirklich zu inspirieren? Welches kleine Experiment könnten Sie in Ihrer nächsten Stunde ausprobieren?
Und dennoch.
„Das Leuchten in den Augen meiner Studierenden zu sehen, wenn etwas Unerwartetes passiert oder wenn sie etwas Neues lernen … das ist unbezahlbar.“
PowerPoint-Folien waren für Dominik schon langweilig geworden, bevor die Pandemie eine Gelegenheit zur Veränderung bot. „Es hat eigentlich nur im ersten Semester wirklich Spaß gemacht, als alles neu war, weil ich oft nicht wusste, was als Nächstes passieren würde“. Mit der Routine kommt die Langeweile. Mit der Langeweile sinkt die Qualität der Vorlesung, und „man hat das Gefühl, dass man da irgendwie durchmuss“.
Also ja, ein Teil davon stimmt. Dominik will Spaß haben, wenn er eine Vorlesung hält. Aber darunter liegt noch ein anderer Antrieb.
„Vielleicht wird meine wissenschaftliche Arbeit die Welt verändern, vielleicht auch nicht“, sagt Dominik. „Aber wenn ich Studierende inspiriere und sie hinausgehen und Dinge verändern, dann kann ich wirklich etwas bewirken“.
Dieses Mal gibt es keine Stille.
„Wie fühlt sich das an?“, wiederholt er. „Es fühlt sich großartig an.“
Ich beende das Gespräch mit dem Gedanken, dass eigentlich mehr Dozierende den Spaß in den Vordergrund stellen sollten.
Vielleicht ist ja diese Sammlung von Innovationen in der Lehre eine Inspiration, damit anzufangen.